Dr. Dieter Kraus
Fallbesprechung Grundrechte SS 1997
Fall 8 (Gewissensfreiheit):
Y wird in den Kreistag von Fürstenfeldbruck gewählt, verweigert
aber aus Gewissensgründen die in Art. 24 IV a.F. BayLKrO vorgeschriebene
Eidesleistung. Nach Art. 7 BayLKrWG i.V.m. Art. 35 I 5 BayGWG gilt die
Wahl als abgelehnt, wenn ein Gewählter erklärt, die Wahl zwar
anzunehmen, jedoch zum Eid nicht bereit ist.
Was ist von dem Argument zu halten, daß das Grundrecht der Gewissensfreiheit
nicht verletzt ist, da es sich um keine zwingende gesetzliche Verhaltenspflicht
handele, vielmehr dem Betroffenen ein Ausweichen ermöglicht sei?
Zur Vertiefung & zum Selbststudium:
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BVerfGE 79, 69 û Gewissen und Kommunalmandat (unser Fall);
Zum Stellenwert des Eides ein Beispiel aus der Schweiz:
(I) Der wahre Eid, der dazu dienen soll, Recht und gute Ordnung im
Lande zu erhalten und zu mehren, ist eine feierliche Anrufung Gottes, daß
er meines aufrichtigen Gelübdes Zeuge und Richter sein wolle.
(II) So einer das, was er mit seinem Munde bekennt, im Herzen verwirft,
der schwört einen falschen Eid und betrügt also nicht nur sich
selbst und seine Mitmenschen, sondern auch den allmächtigen Gott.
(III) Hieraus mag ein jeglicher erkennen, was ein wahrer Eid ist und
will und was es auf sich hat, einen falschen oder leichtfertigen Eid zu
schwören.
(IV) Gott verleihe uns die Kraft, unser Gelübde treu und ehrlich
zu halten; er schirme und segne Land und Volk immer und ewiglich. Amen.
(Quelle: Kanton Appenzell-Außerrhoden, Gesetz über den Eidschwur
vom 29. April 1900, Kant. GSlg. Nr. 111.3, Art. 1 i.d.F. v. 1926).
erstellt 06.07.1997/Kr.